Brexit: Ein Weg zur Knechtschaft

von Nikodem Skrobisz

Die Tragödie, die sich Brexit schimpft, ist vollzogen und die Brexiteers feiern es als den Tag ihrer Freiheit und Unabhängigkeit. Doch befinden sich die Briten mit ihrem Ausstieg aus der europäischen Gemeinschaft tatsächlich auf dem Weg zur Freiheit und Unabhängigkeit, zu einer Erneuerung ihrer Great Nation, wie es Nigel Farage gerne fabuliert? Oder steht dahinter eher eine pervertierte Freiheitsvorstellung, die mehr auf nationalistischer Selbstüberschätzung basiert, als auf der Wirklichkeit?
Es steht außer Frage, dass die Briten sich mit dem Brexit zumindest von dem manchmal etwas lästigen und oft viel zu langsam agierenden Bürokratenheer der EU, ihrer politisch korrekten Ideologie und ihrer defizitären Migrationspolitik lossagen und damit zumindest erstmal etwas mehr Freiheiten und Kontrolle über ihre eigenen Grenzen und Gesetze erhalten und damit zumindest in der Theorie etwas mehr Flexibilität, um auf die Herausforderungen der Gegenwart zu reagieren. Die Praxis sieht dann doch etwas anders aus. Wären die Briten dringeblieben, hätten sie an konstruktiven Reformen mitarbeiten können oder zumindest für sich selbst noch mehr Sonderregeln heraushandeln. Der Austritt aus der EU hingegen beraubt das Vereinigte Königreich und seine Bürger um deutlich mehr Freiheiten und ebnet den Weg in deutlich prekärere Abhängigkeiten, nicht nur weil der Einfluss der Briten auf die EU und der Zugang zum und die Freizügigkeit der britischen Bürger auf dem europäischen Festland nun deutlich abnimmt. Angesichts der Tatsache, dass über die Hälfte der Waren, die Großbritannien importiert, aus der EU stammen und die EU damit auch der wichtigste Wirtschaftspartner ist, bedeutet das auch, dass das Vereinigte Königreich wirtschaftlich weiterhin auf die EU angwiesen ist, allerdings nun politisch noch weniger Einfluss auf diese hat und auch geopolitisch an Macht verloren hat.
1949 schrieb ein Berater des britischen Verteidigungsministeriums, Sir Henry Tizard: „Wir haben von uns selber das Bild einer Großmacht, die nur zeitweilig durch ökonomische Schwierigkeiten gehandicapt ist. Wir sind aber keine Großmacht mehr und werden niemals wieder eine sein. Wir sind eine große Nation, aber wenn wir uns weiter wie eine Großmacht aufführen, werden wir bald aufhören, auch eine große Nation zu sein.“ Man kann diese Diagnose in die Gegenwart weiterführen und ergänzen, dass die Briten mit ihrer EU-Mitgliedschaft zumindest Teil der europäischen Großmacht waren, und nun auf sich allein gestellt sind und damit mitten auf dem Weg zu einer kleinen Nation. Nicht nur im wörtlichen Sinne durch die möglichen Sezessionen Schottlands und Nordirlands, sondern vor allem in ihrer ökonomischen und geopolitischen Macht.
Der Brexit schwächt nicht nur Großbritanniens Verhandlungsposition in nun notwendigen, neuen Handelsabkommen und macht sie weniger attraktiv für Investoren, weil ein Handel mit Großbritannien nun nicht mehr automatisch einen Zugang zum europäischen Markt bedeutet. Ohne die Verhandlungsmacht und das ökonomische und geopolitische Gewicht des europäischen Binnenmarkts im Rücken, ist das Vereinigte Königreich abhängig von den Bedingungen der Großmächte Amerika, Russland und China und wird damit zum Spielball ihrer Interessen. Diese drei Großmächte sind es auch, die vom Brexit und generell einer Fragmentierung und Schwächung der europäischen Staatengemeinschaft am meisten profitieren, da sie im Sinne des alten britschen Mottos divide & rule ihre geopolitischen Interessen und Handelskriege deutlich einfacher umsetzten und auf den Rücken Europas austragen können, wenn die europäischen Staaten nicht eng zusammenarbeiten.
Die kommenden Jahre werden nun zeigen, wohin der Brexit das Vereinigte Königreich führt und vor allem, ob auch die Briten und vor allem die EU-Bürokraten aus ihren Fehlern, die zu diesem Drama geführt haben, lernen werden.
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