Der Gender-Pay-Gap im Fußball: Gut so!

von Vincent Czyrnik

Im Fußball sind wir alle gleich. Für die deutschen Frauen war in der WM-Vorrunde Schluss. Im letzten Spiel kamen Popp & Co. nicht über ein Unentschieden gegen Südkorea hinaus – nicht genug, um sich für die Endrunde zu qualifizieren. Ähnlich erging es den deutschen Männern im katarischen Winter vor einem halben Jahr: Nach drei Spielen schied die Mannschaft aus. Es kam zu keinem Wintermärchen der Männer, und auch zu keinem Sommermärchen der Frauen.

Zwischen fünf und zehn Millionen deutsche Zuschauer verfolgten die WM-Spiele der DFB-Frauen in Australien. Bei der Männer-WM im Winter waren es knapp 10 Millionen beim ersten DFB-Spiel gegen Japan; die Partie gegen Spanien sahen gar 17 Millionen Zuschauer hierzulande. Vermutlich wären die Zuschauerzahlen bei den Männern höher gewesen, hätten die Fans die Spiele im Biergarten statt auf dem Weihnachtsmarkt verfolgen können. 

Nichtsdestotrotz ist in den letzten Jahren eine Tendenz erkennbar: Auf Frauenfußball haben scheinbar immer mehr Lust, wohingegen der Männerfußball in seiner Beliebtheit stagniert. 

Die Frauen bekamen trotz des Vorrunden-Aus 28.000 Euro für ihre Teilnahme. Die Männer aber gingen leer aus – erst in den Finalrunden hätten sie Prämien kassiert. Beide Mannschaften residierten in exklusiven Hotels, wobei die Männer ihr Ressort allein für sich hatten. Obendrein flogen die Männer in einem eigenen Jet, die Frauen mussten sich mit einem Linienflug begnügen – wenn auch ein Flug nach Australien teurer ist als nach Katar.

Doch diese kleinen Unterschiede sind ein Pappenstiel im Vergleich zu den Gehältern in der Männer- und Frauen-Bundesliga. Die Frauen verdienen durchschnittlich 40.000 Euro im Jahr – der Durchschnitt für Männer in der Bundesliga liegt bei zwei Millionen Euro. Das ist das 50-fache. Ein Manuel Neuer verdient gar 21 Millionen brutto. Eine Alexandra Popp verdient „nur“ 150.000. 

Gleiche Arbeit = gleicher Lohn?

Nicht nur Bundeskanzler Olaf Scholz fordert den gleichen Lohn für Frauen und Männer im Fußball. Immer häufiger ist zu hören, dass die (Fußball-)Frauen mit ähnlich viel Geld nach Hause gehen wollen. Schließlich leisten alle die gleiche Arbeit, beide Geschlechter haben mittlerweile ähnliche Trainingszeiten, und zuletzt fieberten bei der Frauen-WM bei einigen Spielen fast gleich viele Zuschauer wie bei der Männer-WM mit.

Und so gibt es die Bestrebung, dass zumindest die DFB-Kicker und -Kickerinnen bei Europa- und Weltmeisterschaften gleich viel verdienen. Ab der Frauen-WM 2027 soll dieser Wunsch dann Realität werden: FIFA-Präsident Gianni Infantino kündigte an, dass die Prämien für Frauen und Männer gleich sein werden. 

Komplizierter gestaltet sich die Lohngleichheit in den Bundesliga-Clubs. Die Frauen-Vereine können ihren Spielerinnen nicht so eben das 50-fache zahlen – dann gehen die Vereine pleite. Auch werden die Männer-Vereine ihren Spielern nicht weniger bezahlen – dann gehen Kane, Neuer & Co. (zurück) nach England oder notfalls nach Saudi-Arabien.

Wo liegen die Unterschiede?

Fußballer werden nicht für ihren Arbeitsaufwand bezahlt. Ein Harry Kane oder Manuel Neuer arbeiten genauso viel wie eine Alexandra Popp oder Jule Brand, und auch ein Drittliga-Kicker leistet ähnlich viel Aufwand. 

So verstörend es für einige klingen mag – Fußballer sind Marketing-Objekte. Eine elitäre Bayern-Mannschaft füllt nicht nur wöchentlich ein Stadion mit über 70.000 Zuschauern, sondern sie lässt auch Abermillionen weltweit den Fernseher einschalten. Nicht umsonst bin ich freiwillig bereit, 25 Euro im Monat für ein DAZN-Abonnement zu zahlen.

Der Frauen-Bundesliga schauten im letzten Jahr circa 2.700 pro Spiel zu; die Männer-Bundesliga verfolgen hingegen circa 43.000 Zuschauer pro Spiel. Das ist zwar nicht das 50-, aber immerhin 16-fache. Außerdem ist ein Ticket für die Bayern-Männern meistens um ein Vielfaches teurer als eines für die Bayern-Frauen. Hinzu kommen Sponsorengelder, Trikotverkäufe oder Fernsehgelder. 

Hier gilt ein generelles Prinzip: Umso mehr zuschauen, umso mehr wird gezahlt. Dieses Prinzip gilt auch in anderen Branchen. Und in einigen sind es die Frauen, die besser bezahlt werden: die Mode- oder Schmuddelfilm-Industrie sind dafür Beispiele – überall wird objektifiziert, überall wird gut gezahlt. 

Fußballer werden „absurd“ hoch bezahlt, weil sie so populär sind. Ich kann nach Mannheim, Peking oder Tombuctú fahren. Überall kennen einige Kane, Neuer & Co. und die Menschen sind für ein Trikot bereit, viel Geld zu bezahlen. Dieses Geld landet dann bei den Vereinen, und diese bezahlen immense Gehälter für ihre Spieler. 

Manchmal ist es nicht die Bäckerin aus Mannheim, die sich ein Harry-Kane-Trikot kauft, sondern ein chinesischer millionenschwerer Unternehmer, der seine Schützlinge beim FC Bayern finanziell unterstützen möchte – zum Beispiel ein Sponsoring mit Yingli Solar.

Die Bäckerin kann durch das Trikot bei den Bayern-Spielen mit einem stärkeren Gemeinschaftsgefühl mitfiebern, und wenn „ihr“ Harry-Kane trifft, ist die Freude groß. Der chinesische Unternehmer kann seine heimischen Freunde nun in die VIP-Lounge der Allianz-Arena einladen, und vielleicht ergibt sich mal die Möglichkeit, dass ein Manuel Neuer kurz auf einen Sekt einkehrt. 

Männer oder Frauen: Wer spielt besser?

Eine aktuelle Studie von Schweizer Wissenschaftlern will beweisen, dass Männer und Frauen gleich gut Fußball spielen. Sie zeigten den Probanden Spielszenen aus dem Profifußball von Frauen und Männer, und im ersten Versuch beurteilte eine Mehrzahl die Qualität der Männer besser. 

Dann aber wurden die Spieler verpixelt und man konnte nicht mehr erkennen, ob es sich um Männer oder Frauen handelt. Anschließend wurden die Probanden wieder befragt, welche Spielszenen sie besser fanden. Das Ergebnis: Die Zuschauer fanden die Spielqualität gleich gut, wenn sie das Geschlecht nicht mehr zuordnen konnten. 

Auch wenn die Studie beweisen soll, dass die Frauen genauso gut kicken, ist es durchaus fraglich, wie aussagekräftig die Studie tatsächlich ist. Erstens wurden nur ausgewählte Szenen von Toren, Dribblings oder Fouls gezeigt. Und zweitens hat man bei einem verpixelten Video vielleicht gar keine Lust mehr, richtig hinzuschauen. 

Zudem gab es in der Vergangenheit Realitätschecks, bei den Frauen gegen Männer im Fußball antraten: 2013 spielten die erwachsenen Frauen vom FC Zürich gegen die 14-jährigen männlichen Jugendkicker. Die Frauen waren damals amtierender Schweizer Meister,  aber unterlagen den 14-jährigen Jungs mit 1:6.

Ein ähnliches Ergebnis zeigte ein Spiel zwischen der US-amerikanischen Frauenauswahl und dem britischen Viertligisten Wrexham FC. Obwohl Wrexham nur mit pensionierten Fußballern antrat, gewannen sie das Spiel mit 12:0.

Alles in Allem ist die Qualität nicht der einzige Faktor für den Gender-Pay-Gap von Fußballerinnen und Fußballern. Um den (Männer-)Fußball ist über Jahrzehnte oder gar ein Jahrhundert eine Kultur erwachsen, die sich nicht so schnell auf die Frauen ausweiten lässt. Man denke daran, wie selbst in der dritten Männer-Bundesliga teilweise Zehntausende pro Mannschaft zu den Auswärtsspielen mitfahren; oder Fans ihren Jahresurlaub opfern, um mit ihrer Lieblingsmannschaft durch halb Europa fliegen – und das teilweise ohne Aussicht, ein Ticket für das Spiel zu bekommen. 

All das gibt es im Frauenfußball nicht. Und so lange das so bleibt, sollten Fußballerinnen mit weniger Geld nach Hause gehen.

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1 Kommentare

Kenan Meyer 3. September 2023 - 18:45

Männliche C-Jugend ist etwa der Level, wo die Herausforderung für die Damen liegt. Sowohl die US Nationalmannschaftals auch die australische Nationalmannschaft haben deutlich gegen 12 bis 14-jährige Jungs verloren. Wenn ein gender pay gap besteht, dann müßten logischerweise auch die kleinen Jungs soviel verdienen wie die Profis von Manchester City oder Real Madrid …..

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