EU versus Big Tech: Wird der DMA Europa retten?

von Tobias Zander

Erneut zieht die Europäische Union gegen Big Tech ins Feld. Seit dem 7. März müssen sechs sogenannte “Gatekeeper” alle Vorschriften des Digital Markets Act (DMA) vollständig einhalten. Mit Apple, Alphabet, Amazon, Meta, Microsoft und ByteDance handelt es sich um fünf US-amerikanische sowie ein chinesisches Großunternehmen, die von der neuen Gesetzgebung betroffen sind. Vertreter der EU-Kommission behaupten, dass der DMA die digitalen Märkte in der Europäischen Union wettbewerbsfähiger und fairer macht. Sehen wir hier also den mutigen Akt eines heldenhaften Regulators, der als weißer Ritter aufopferungsvoll für die Schwachen eintritt? An diesem Narrativ darf man durchaus Zweifel haben.

Was der DMA für Big Tech bedeutet

Zunächst einmal ist das populäre Schlagwort “Big Tech” selbst durchaus fragwürdig. Denn damit werden sehr heterogene Unternehmen in einen Topf geworfen, die nichts weiter vereint, als dass sie enorm erfolgreich sind und irgendwas mit Technologie zu tun haben. Aber während beispielsweise Apple vor allem für seine teuren Hardware-Produkte wie iPhones und MacBooks bekannt ist, gleicht Amazon als Online-Warenhaus einem digitalen Walmart. Für Microsoft-Lizenzen müssen Privatleute und Unternehmen viel Geld zahlen, wohingegen die Nutzung der Google-Suchmaschine oder von Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok kostenlos ist. 

Trotz dieser großen Unterschiede müssen all diese Unternehmen durch den DMA nun unter anderem Daten mit Konkurrenten teilen sowie eine Kombinierbarkeit ihrer Dienste gewährleisten. Sie dürfen auch keine eigenen Produkte mehr auf ihren Marktplätzen bevorzugen und müssen regelmäßig die Einhaltung der Regeln in einem Compliance-Report bezeugen. Besonders erschreckend sind die drakonischen Strafen, die sich die EU-Kommission vorbehält. Sollte sie einen Verstoß gegen den DMA feststellen, kann sie Geldbußen in Höhe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes des Unternehmens verhängen. Bei wiederholten Verstößen ist sogar die doppelte Strafe möglich, was zu absurd hohen Summen führt. Betrachtet man Amazon, das im Jahr 2023 einen Rekordumsatz erzielte, könnte die Höchststrafe sagenhafte 52,6 Milliarden Euro betragen.

Was bedeutet es eigentlich, ein Gatekeeper zu sein?

Die problematische Seite der neuen EU-Regulierungsmaßnahme beginnt nicht erst bei ihren komplexen Detailvorschriften. Vielmehr ist der zugrunde liegende Begriff eines “Gatekeeper”-Unternehmens selbst schon fragwürdig. Laut EU-Kommission fungieren die sechs Firmen als Zugangstor für gewerbliche Nutzer, welche auf diese Weise ihre Kunden erreichen. Die Gatekeeper werden durch den DMA als dauerhaft etabliert betrachtet, wodurch sie eine besondere Marktmacht hätten. Doch auch Nokia und MySpace wurden mal dauerhafte Monopolstellungen angelastet – was ist aus ihrer “Marktmacht” geworden? Und wird irgendjemand dazu gezwungen, die populären Angebote der größten Tech-Unternehmen zu nutzen? 

Tatsächlich gibt es längst alternative Suchmaschinen wie DuckDuckGo, alternative Social-Media-Portale wie BitChute und Nostr oder alternative Open-Source-Software von Linux. Aber statt diese und unzählige weitere Alternativen einfach zu nutzen, beklagen viele Nutzer sich lieber über die Weiterverwendung von freiwillig hochgeladenen Daten oder darüber, dass Apple eben Apple-Produkte bevorzugt.

Kritik gegenüber Big-Tech-Konzernen ist inzwischen sowohl bei Linken als auch bei Rechten ein beliebtes Virtue-Signaling-Tool. Doch wie würde unsere Welt aussehen ohne all die technischen Innovationen dieser Unternehmen? Und wie glaubwürdig ist es, wenn man ein auf Amazon gekauftes iPhone für einen Facebook-Post nutzt, in dem man dann seiner Wut über die Ausbeutung der Menschen durch Big-Tech Luft macht?

Überregulierung schafft keine Innovation

Bereits in der Vergangenheit machte die EU weltweit Schlagzeilen durch die Verhängung von Milliardenstrafen gegen Big-Tech-Unternehmen. Der Digital Markets Act ist nur eine logische Fortsetzung dieses repressiven Ansatzes und könnte die Tech-Riesen allein durch die komplexen regulatorischen Vorgaben bis zu 50 Milliarden US-Dollar kosten. Unterdessen befindet sich Europa ökonomisch betrachtet seit Jahrzehnten im Sinkflug im Vergleich zu anderen Weltregionen. Heute vereinen die EU-Länder nur noch 15 Prozent des Welt-BIPs auf sich, mit weiterhin negativer Tendenz.

Die EU scheint zu hoffen, dass der DMA neues Wachstum in Europa fördert und regionalen Tech-Start-Ups hilft. Aber macht man europäische Unternehmen wirklich innovativer, indem man amerikanische und chinesische Unternehmen bestraft?  Damit echtes Unternehmertum florieren kann, braucht es niedrige Steuern und einfache, vorhersehbare Vorschriften, die den Unternehmen viel Freiheit bieten. Mit ihren unberechenbaren Regulierungssprüngen verkörpert die EU derzeit das Gegenteil. Die DMA wird einem angeschlagenen Wirtschaftsstandort nur weiteren Schaden zufügen, weil sie Investitionen für global erfolgreiche Unternehmen unattraktiv macht.

Letztlich werden die Konsumenten die auf sie umgelegten Kosten tragen müssen, wobei die Bürger vieler EU-Länder ohnehin bereits unter der hohen Steuer- und Abgabenbelastung sowie anhaltender Inflation leiden. Wenn der Kontinent nicht dauerhaft stagnieren will, dann braucht er gerade auch die Innovationskraft der großen Big-Tech-Unternehmen. Wachstum wird nicht durch Abschottung erzeugt, sondern durch Offenheit, auch gegenüber ausländischen Unternehmen. Genau diese wirtschaftliche Offenheit braucht Europa heute dringend für einen Umschwung.

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