COVID-19: Die Globalisierung ist krank

von Nikodem Skrobisz

Während die Zahlen der Infizierten und Toten durch das Coronavirus bei uns in Europa immer weiter steigen, ist wahrscheinlich selbst der radikalste Anarchist darüber froh, dass es Staaten gibt, die in solchen Krisenzeiten mit flächendeckenden Maßnahmen wie Tests, Quarantänen und Sperrzonen durchgreifen können. Es ist es nämlich zweifelsohne wert, die individuelle Freiheit für zwei Wochen Quarantäne – notfalls auch durch Zwang – aufzugeben, wenn es darum geht, anderen dWährend die Zahlen der Infizierten und Toten durch das Coronavirus bei uns in Europa immer weiter steigen, ist wahrscheinlich selbst der radikalste Anarchist darüber froh, dass es Staaten gibt, die in solchen Krisenzeiten mit flächendeckenden Maßnahmen wie Tests, Quarantänen und Sperrzonen durchgreifen können. Es ist es nämlich zweifelsohne wert, die individuelle Freiheit für zwei Wochen Quarantäne – notfalls auch durch Zwang – aufzugeben, wenn es darum geht, anderen die Freiheit zu sichern, gesund weiterzuleben und so die gesellschaftliche Stabilität aufrechtzuerhalten. Es reduziert dabei auch die Wahrscheinlichkeit, dass man beim Kauf der letzten Packung Klopapier einen Messerkampf ausfechten muss.
Die Corona-Pandemie und die sie umgebende Panik und Verwirrung zeigen jedoch nicht nur auf, wie fragil das alltägliche Leben angesichts von Krisen wie Pandemien ist und wie wenig die Menschen institutionell und mental auf solche vorbereitet sind. Wie bereits die Bankenkrise von 2009, die Migrationskrisen und die Handelskriege, offenbart die CoVid-19 Pandemie die Schwächen und Probleme einer globalisierten, grenzenlosen Welt. Mag SARS-CoV-2 in zwei, drei Jahren dank dann verfügbaren Impfungen Geschichte sein, seine Auswirkungen auf die Wirtschaft und darauf, wie wir über eine globalisierte Welt denken und in ihr agieren, werden nachhaltig sein. Ähnlich wie es nach der Bankenkrise 2009 ein notwendiges Umdenken gab bei der Regulierung des Finanzsystems und bei Unternehmen über ihr Verhältnis zu hohen Krediten, zeichnet sich bereits jetzt ein Umdenken ab darüber, wie vernünftig es ist, sich allzu leichtfertig von internationalen Lieferketten abhängig zu machen und eine uneingeschränkte Globalisierung und freien Handel undifferenziert als etwas rein Positives zu feiern.
Folgt man den ökonomischen Lehrbüchern und den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte, so hat die Globalisierung reichlich Vorteile: Globaler, freier Handel steigert durch internationale Arbeitsteilung die Effizienz von Produktion, senkt damit die Kosten und führt zu Wirtschaftswachstum und Wohlstand in allen beteiligten Ländern. Vor allem – mittlerweile eher ehemalige – Entwicklungsländer wie China und Indonesien konnten massiv von der Globalisierung profitieren. Die Zahl der Menschen, die weltweit in absoluter Armut leben, sank in der Folge in den letzten dreißig Jahren von rund 30% auf zurzeit 8,5%. Als nettes Bonbon verringert die wirtschaftliche Interdependenz zusätzlich die Wahrscheinlichkeit von militärischen Konflikten.
Der Standortwettbewerb hat jedoch nicht nur Vorteile mit sich gebracht. Jenseits der reinen Zahlen hat er auch Nachtteile und Probleme erzeugt. Das Aufkeimen von nationalistischen Rechtspopulismus insbesondere in ehemals industriell geprägten Regionen wie dem Rust-Belt in den USA durch die Verschiffung von ganzen Industrien und Arbeitsplätzen in Entwicklungsländer soll hierbei aber lediglich eine Randnotiz sein, ebenso wie die massive Umweltverschmutzung durch den globalen Transport von Gütern. Angesichts der Pandemie wird vor allem etwas klar, was die meisten wahrscheinlich schon länger im Bauchgefühl hatten: Es ist nicht unbedingt intelligent für ein paar Euronen mehr Wohlstand große Teile der Industrie, darunter so dezent lebenswichtige Dinge wie 90% der Produktion von pharmazeutischen Grundstoffen, in eine kommunistische Diktatur wie China auszulagern und sich so von ihr abhängig zu machen. Insbesondere nicht, wenn diese Diktatur nicht nur einen Hang zur Wirtschaftsspionage, geopolitischer Expansion und „Umerziehungslagern“ hat, sondern auch zu bedenklichen Hygienestandards.
Nun sind weite Teile Chinas aufgrund der dortigen Epidemie abgeriegelt, die Fabriken dort stehen still und hier in Europa gehen nicht nur die in China hergestellten Seniorenwindeln und Einzelteile für Autos und Smartphones zur Neige. Wir steuern auf einen ernsthaften Lieferengpass zu, was medizinische Schutzbekleidungen und Medikamente wie Blutdruck- oder Schmerzmittel, Antidepressiva und Antibiotika angeht, da diese mittlerweile zum Großteil im nun nicht mehr problemlos zugänglichen Fernen Osten hergestellt werden. Sollten weitere Länder so komplett abgeschottet werden wie China und Italien, so wird demnächst möglicherweise die Versorgung mit Lebensmitteln, Benzin und anderen Gütern des täglichen Bedarfs gelinde gesagt kompliziert. Dazu kommen Milliarden von Verlusten an Börsen, massive Informationsverluste und finanzielle Folgen durch abgesagte Messen und kostspielige Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Ordnung. So effizient das globale Wirtschaftssystem ist, so fragil ist es auch, wenn es um Krisen geht, da ein einzelner Brandherd schnell den Globus entflammt und dann weltweit Märkte, Lieferketten und Existenzen mit sich reißt.
Covid-19 ist mit Sicherheit weder die letzte Pandemie, noch die letzte globale Krise. Es ist auch nicht nur eine tödliche Tragödie für Tausende – und wenn wir Pech haben und zu zimperlich handeln für Abermillionen – von Menschen. Und es ist mit Sicherheit alles andere als nur ein wirtschaftliches Desaster. Es ist ebenso Weckruf dafür, dass wir unsere globale Welt und ihre wirtschaftlichen und internationalen Systeme und Institutionen überdenken und langfristig stabilisieren müssen. Die Globalisierung wird nicht enden und nationale Isolation wird keine langfristige Lösung bieten. Gerade die Lösung von globalen Problemen wie die Entwicklung von Impfstoffen und die Bekämpfung von Fluchtursachen und Klimawandel benötigt globale Ansätze und internationale Kooperation. Aber wenn wir auch in Zukunft die Vorteile und Freiheiten einer globalen Welt genießen wollen, müssen wir nicht nur über mehr Kompetenzen für internationale Institutionen wie die WHO und die UN nachdenken. Langfristig kommen wir nicht darum herum, neue ordnungspolitische Maßnahmen einzuführen, um Grenzen zu sichern und die Autarkie einzelner Regionen zu erhöhen, um die Abhängigkeit von Krisenherden zu senken und so das globalisierte Wirtschaftssystem zu stabilisieren und Wohlstand und Freiheit zu sichern.
 
Dieser Artikel spiegelt die Meinung des Autors, nicht der Organisation wider. Dieser Blog bietet die Plattform für unterschiedliche liberale Ideen. Du möchtest auch einen Artikel beisteuern? Schreib uns einfach eine Mail: redaktion@peace-love-liberty.de!
Mehr zur Organisation auf www.studentsforliberty.deie Freiheit zu sichern, gesund weiterzuleben und so die gesellschaftliche Stabilität aufrechtzuerhalten. Es reduziert dabei auch die Wahrscheinlichkeit, dass man beim Kauf der letzten Packung Klopapier einen Messerkampf ausfechten muss.
Die Corona-Pandemie und die sie umgebende Panik und Verwirrung zeigen jedoch nicht nur auf, wie fragil das alltägliche Leben angesichts von Krisen wie Pandemien ist und wie wenig die Menschen institutionell und mental auf solche vorbereitet sind. Wie bereits die Bankenkrise von 2009, die Migrationskrisen und die Handelskriege, offenbart die CoVid-19 Pandemie die Schwächen und Probleme einer globalisierten, grenzenlosen Welt. Mag SARS-CoV-2 in zwei, drei Jahren dank dann verfügbaren Impfungen Geschichte sein, seine Auswirkungen auf die Wirtschaft und darauf, wie wir über eine globalisierte Welt denken und in ihr agieren, werden nachhaltig sein. Ähnlich wie es nach der Bankenkrise 2009 ein notwendiges Umdenken gab bei der Regulierung des Finanzsystems und bei Unternehmen über ihr Verhältnis zu hohen Krediten, zeichnet sich bereits jetzt ein Umdenken ab darüber, wie vernünftig es ist, sich allzu leichtfertig von internationalen Lieferketten abhängig zu machen und eine uneingeschränkte Globalisierung und freien Handel undifferenziert als etwas rein Positives zu feiern.
Folgt man den ökonomischen Lehrbüchern und den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte, so hat die Globalisierung reichlich Vorteile: Globaler, freier Handel steigert durch internationale Arbeitsteilung die Effizienz von Produktion, senkt damit die Kosten und führt zu Wirtschaftswachstum und Wohlstand in allen beteiligten Ländern. Vor allem – mittlerweile eher ehemalige – Entwicklungsländer wie China und Indonesien konnten massiv von der Globalisierung profitieren. Die Zahl der Menschen, die weltweit in absoluter Armut leben, sank in der Folge in den letzten dreißig Jahren von rund 30% auf zurzeit 8,5%. Als nettes Bonbon verringert die wirtschaftliche Interdependenz zusätzlich die Wahrscheinlichkeit von militärischen Konflikten.
Der Standortwettbewerb hat jedoch nicht nur Vorteile mit sich gebracht. Jenseits der reinen Zahlen hat er auch Nachtteile und Probleme erzeugt. Das Aufkeimen von nationalistischen Rechtspopulismus insbesondere in ehemals industriell geprägten Regionen wie dem Rust-Belt in den USA durch die Verschiffung von ganzen Industrien und Arbeitsplätzen in Entwicklungsländer soll hierbei aber lediglich eine Randnotiz sein, ebenso wie die massive Umweltverschmutzung durch den globalen Transport von Gütern. Angesichts der Pandemie wird vor allem etwas klar, was die meisten wahrscheinlich schon länger im Bauchgefühl hatten: Es ist nicht unbedingt intelligent für ein paar Euronen mehr Wohlstand große Teile der Industrie, darunter so dezent lebenswichtige Dinge wie 90% der Produktion von pharmazeutischen Grundstoffen, in eine kommunistische Diktatur wie China auszulagern und sich so von ihr abhängig zu machen. Insbesondere nicht, wenn diese Diktatur nicht nur einen Hang zur Wirtschaftsspionage, geopolitischer Expansion und „Umerziehungslagern“ hat, sondern auch zu bedenklichen Hygienestandards.
Nun sind weite Teile Chinas aufgrund der dortigen Epidemie abgeriegelt, die Fabriken dort stehen still und hier in Europa gehen nicht nur die in China hergestellten Seniorenwindeln und Einzelteile für Autos und Smartphones zur Neige. Wir steuern auf einen ernsthaften Lieferengpass zu, was medizinische Schutzbekleidungen und Medikamente wie Blutdruck- oder Schmerzmittel, Antidepressiva und Antibiotika angeht, da diese mittlerweile zum Großteil im nun nicht mehr problemlos zugänglichen Fernen Osten hergestellt werden. Sollten weitere Länder so komplett abgeschottet werden wie China und Italien, so wird demnächst möglicherweise die Versorgung mit Lebensmitteln, Benzin und anderen Gütern des täglichen Bedarfs gelinde gesagt kompliziert. Dazu kommen Milliarden von Verlusten an Börsen, massive Informationsverluste und finanzielle Folgen durch abgesagte Messen und kostspielige Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Ordnung. So effizient das globale Wirtschaftssystem ist, so fragil ist es auch, wenn es um Krisen geht, da ein einzelner Brandherd schnell den Globus entflammt und dann weltweit Märkte, Lieferketten und Existenzen mit sich reißt.
Covid-19 ist mit Sicherheit weder die letzte Pandemie, noch die letzte globale Krise. Es ist auch nicht nur eine tödliche Tragödie für Tausende – und wenn wir Pech haben und zu zimperlich handeln für Abermillionen – von Menschen. Und es ist mit Sicherheit alles andere als nur ein wirtschaftliches Desaster. Es ist ebenso Weckruf dafür, dass wir unsere globale Welt und ihre wirtschaftlichen und internationalen Systeme und Institutionen überdenken und langfristig stabilisieren müssen. Die Globalisierung wird nicht enden und nationale Isolation wird keine langfristige Lösung bieten. Gerade die Lösung von globalen Problemen wie die Entwicklung von Impfstoffen und die Bekämpfung von Fluchtursachen und Klimawandel benötigt globale Ansätze und internationale Kooperation. Aber wenn wir auch in Zukunft die Vorteile und Freiheiten einer globalen Welt genießen wollen, müssen wir nicht nur über mehr Kompetenzen für internationale Institutionen wie die WHO und die UN nachdenken. Langfristig kommen wir nicht darum herum, neue ordnungspolitische Maßnahmen einzuführen, um Grenzen zu sichern und die Autarkie einzelner Regionen zu erhöhen, um die Abhängigkeit von Krisenherden zu senken und so das globalisierte Wirtschaftssystem zu stabilisieren und Wohlstand und Freiheit zu sichern.
 
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